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Flatland

Hate

Bis jetzt galt in allen BMX-Medien eine unausgesprochene Devise, die in etwa so in Worte zu fassen ist: Wenn dir etwas gefällt, schreib darüber. Wenn dir etwas nur zum Teil gefällt, dann vernachlässige die schlechten Teile. Und wenn dir etwas gar nicht gefällt, dann ist es besser, du schreibst gar nicht darüber.

Natürlich hört sich das zuerst seltsam an. Nicht alle Veranstaltungen können toll sein, nicht alle Produkte nützlich und nicht alle Meinungen akzeptabel und das müsste sich eigentlich auch in der Berichterstattung widerspiegeln. Aber wenn man im Hinterkopf hat, dass der eigene Text 25.000-mal gedruckt wird, dann überlegt man schon, ob man so frei sein kann, seine subjektive Meinung ungefiltert niederzuschreiben und ob man seinen Ärger über bestimmte Dinge nicht besser runterschluckt und sich bemüht, einen immerhin halbwegs neutralen Standpunkt einzunehmen. Der Nutzen liegt auf der Hand, auch wenn man sich dadurch im Voraus schon auf eine bestimmte Art der Berichterstattung festlegt, in der Fahrernamen, Tricks und technische Daten im Mittelpunkt stehen. Ich habe solche Texte inzwischen in rauen Mengen geschrieben und muss feststellen: So geht das nicht weiter ohne langweilig zu werden, sowohl für mich als auch für die Leser_innen.

Wir haben inzwischen zu praktisch jeder Veranstaltung kurze Zeit später einen Videoclip online. Unser Heft kommt mindestens zwei Wochen später und während viele Leute diesen Umstand als den Grund dafür ansehen, dass Zeitschriften gegenüber allen Formen von Onlinemedien benachteiligt sind und deswegen dazu verdammt sind, in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden, bietet diese Verzögerung auch die Möglichkeit, sich von den Fesseln einer Berichterstattung zu lösen, die zuerst und vor allem nacherzählen muss, was überhaupt passiert ist. Denn wenn sowieso alle Leser_innen schon in groben Zügen darüber informiert sind, was sich abgespielt hat, öffnen sich Freiräume und man kann sich auf Details stürzen, vermeintlichen Nebensächlichkeiten viel mehr Platz einräumen und vor allem: eine Meinung vertreten.

Bitte entspannen sie sich und bringen ihre Rückenlehnen in eine horizontale Position

Das habe ich in diesem Heft verstärkt getan und bin mir ziemlich sicher, dass der Text über den Flatlandball in Wittenberg von einigen als Pauschalabrechnung mit Flatland aufgefasst wird. Was Quatsch wäre. Andererseits werden wahrscheinlich wieder vielen Leuten die Halsschlagadern anschwellen, bevor sie über den ersten Absatz hinausgekommen sind und den Rest des Textes mit der bereits feststehenden Interpretation überfliegen, hier hätte jemand ohne Sachkenntnis über eine Disziplin hergezogen, von der er nichts versteht. Was auch Quatsch wäre.

Ich bitte jedenfalls zu berücksichtigen, dass ich keinesfalls die Veranstaltung oder Disziplin als solche kritisiert, sondern die für mich zentrale Begebenheit herausgegriffen habe, die meiner Meinung nach exemplarisch für die Außenwirkung von Flatland ist. Mit dem permanenten Gejammere nach mehr Coverage tut sich niemand einen Gefallen und wenn man dann noch abenteuerliche Konstruktionen wie „richtigen Freestyle“ in Anschlag bringt (wie in der Diskussion um die Absage von Flatland bei den Masters geschehen), um seine Position zu untermauern, wird es völlig lächerlich. Einzig und allein diese Position wollte ich kritisieren, nicht den Contest, nicht Flatland und auch nicht die Persönlichkeit der Menschen, die sie zum Teil auf sehr nette Art und Weise vertreten.

David Theisen hat sich schon ein bisschen geschämt, als ich ihn auf dem MTB erwischte. Grundlos, wie ich finde

Auch der Text über den Local Support Dirtcontest in Mainz könnte als pauschaler Diss gegen alle diejenigen, die Nohander und Tailwhips machen, verstanden werden. Ich will niemandem seine Tricks madig machen und ich weiß genau, wie es ist, Trends hinterherzulaufen, weil ich auf dem Grunde meines Herzens immer noch so Rad fahren will wie Taj Mihelich Anno 2002. Ich bitte aber auch hier zu beachten, dass meine Texte bei aller Anstrengung immer nur eine Einzelmeinung sind, in diesem Falle die eines Beobachters sowohl des MTB- als auch des BMX-Contests, dem halt gewisse Unterschiede aufgefallen sind. Das bedeutet nicht, dass der Contest schlecht war, BMX gegenüber MTB keine Chance hat oder irgendwer „falschen Freestyle“ gefahren ist. Und wenn man nicht sowieso schon nach ein paar Zeilen alles nur noch durch einen roten Wutschleier liest, kann man das auch mitbekommen.

Ich habe vor ein paar Wochen ein neues Wort gelernt, das sehr schön zusammenfasst, worum es mir geht: Meinungsfreudigkeit. Ich hoffe, meine Texte werden (auch in Zukunft) unter diesem Motto als zwar streitbare, aber ohne bösen Willen geschriebene Statements verstanden, die keinesfalls Leute/Tricks/Veranstaltungen niedermachen, sondern im Gegenteil zu Diskussionen und Austausch ermuntern sollen. Unsere Kommentarfunktion ist jedenfalls mit „First“ noch lange nicht ausgelastet und wir freuen uns auch darüber, wenn uns jemand seine Meinung zum Abdruck im Heft zur Verfügung stellt.

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