Thomas Fritscher war über zehn Jahre lang Mitglied der freedombmx-Redaktion, ist verantwortlich für einen Haufen hervorragender BMX-Videos und führte nun nach längerer BMX-Abstinenz bei der Dokumentation Ritual – 30 Years of BMX in the Jugendpark Regie. Passend zum dritten Teil des Films, in dem aus den Contests am Rheinufer eine Veranstaltung von weltweiter Bedeutung wird, haben wir ihm einige Fragen zu diesem Projekt gestellt.
Hi Thomas, was war dein erster Gedanke, als du das erste Mal von Ritual gehört hast?
Das ist ein Jahrhundertprojekt, an dem wir sieben Jahre sitzen werden!
Du bist ja seit ein paar Jahren nicht mehr so tief im Thema BMX drin wie früher. Wie war es für dich, wieder etwas mit BMX zu machen?
Interessanter war eigentlich, dass ich hier einen Teil meiner Jugend verfilmen durfte. So nebenbei wieder einen Einblick in die BMX-Szene zu bekommen, war ein willkommener Nebeneffekt.
Auf der DVD sollten ja nicht nur einfach ein paar Oldschool-Aufnahmen aneinandergereiht, sondern eine Story erzählt werden. Wie bist du an das Thema herangegangen?
Das Ganze war eigentlich eine große Soll- vs Ist-Rechnung. Wir haben ständig die Storys, die wir gerne hätten, mit denen abgeglichen, die wir überhaupt erzählen können, weil es davon Material gibt. Außerdem wollten wir nicht stumpf linear die Jahre durchgehen, sondern Themen wählen, die auch aus heutiger Zeit relevant sind und einen bleibenden Eindruck in der deutschen BMX-Welt hinterlassen haben. Die diversen Kurven zu kriegen, war allerdings nicht immer einfach.
Was war inhaltlich das Schwierigste an der DVD?
Sicherlich das Aussieben und Weglassen. Besonders aus den späten 90ern gab es so viele Aufnahmen, die alle auf ihre Art grandios sind, dass man sich hier schon manchmal sehr anmaßend vorkam, so rigoros auszusortieren. Johannes’ Newschool-Blickwinkel hat dabei sehr geholfen, die Sachen mit etwas mehr Abstand zu betrachten.
Es gab leider nicht zu jeder Geschichte auch Bildmaterial. Welche Aufnahme hättest du noch gerne gehabt bzw. welche Situation hättest du noch gerne gezeigt?
Mir fehlten hauptsächlich die späten 80er und frühen 90er. Ich hätte gerne Aufnahmen von Wolfgang Meinunger gehabt, Richie Vobr und den vielen anderen, die diese Zeit für mich geprägt haben. Leider ist wohl Teil der Faszination dieser Jahre, dass nicht jeder mit einer Kamera herumfuchtelte, um epische Edits zu drehen. Es ging wirklich nur um Radfahren, Freundschaft und ab und an ein Foto durch ein billiges Fisheye schießen, auf dem man schon damals fast nichts erkennen konnte. Wenn man das später erzählen möchte, hat man natürlich ein Problem.
Ritual ist ein Versuch, die verschiedenen Phasen der Entwicklung von sowohl dem Jugendpark als auch von BMX ein bisschen zu beleuchten. Denkst du, dass das gelungen ist?
Ich denke schon. Es war bereits während der Produktion so, dass uns ständig neue Episoden einfielen, die um jeden Preis erzählt werden müssen. Außerdem ist man natürlich verleitet, immer weiter auszuholen, weil die Geschichte von BMX in Deutschland so noch nicht wirklich erzählt wurde und der Jugendpark damit sehr eng zusammenhängt. Wir haben all diesen Impulsen standhaft zu trotzen versucht und insgesamt, denke ich, einen recht ausgewogenen Rückblick geschaffen.
Welcher Teil des Films gefällt dir am meisten und bist du mit dem finalen Produkt zufrieden?
Mir gefällt der dritte Teil um die Weltmeisterschaften 1994-96 am besten, weil er, wie ich finde, die damalige Aufbruchsstimmung sehr gut widerspiegelt. Als ich den fertigen Schnitt für Teil drei sah, hatte ich das erste Mal das Gefühl, dass hier, trotz aller Eile und Problematik, ein sehr runder Film entsteht.
Hast du Feedback für das Projekt bekommen?
Jeder hat den Jugendpark ja auf seine eigene Art erlebt und so gesehen ist Ritual natürlich auch sehr subjektiv. Jedem fallen sofort drei Geschichten und fünf Leute ein, die gefehlt haben, ist aber gleichzeitig auch erstaunt über das, was wir zu erzählen hatten. Insofern war das Feedback also sehr gut. Viele freuen sich, glaube ich, auch einfach, dass so etwas überhaupt mal gemacht wurde.