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Skatehalle Dresden vor dem Aus

Tobias Wicke hat hier Tailwhips to Fakie perfektioniert und seine Freundin kennen gelernt – jetzt droht der Skatehalle in Dresden-Reick nach zehn erfolgreichen Jahren die Schließung. Wir haben Pierre Beyer vom 248 Wheels e.V. gefragt, wie es soweit kommen konnte.

Stell dich bitte zunächst einmal vor.
Mein Name ist Pierre Beyer. Ich bin 32 Jahre alt und fahre seit 1991 BMX. Vor sechs Jahren bin ich aus beruflichen Gründen nach Dresden gezogen, wo ich mich seitdem mit sozialer Arbeit und Sport beschäftige. Mittlerweile bin ich Trainer für Erlebnispädagogik und Coachings und führe verschiedene Trainings für Vereine und Firmen durch, sprich: ich bin als Dozent für Berufsschulen tätig und habe viel mit Skateboarding und BMX zu tun. Und mit der Skatehalle ist dann vor zweieinhalb Jahren noch ein größeres Projekt dazu gekommen.

Seit wann gibt es die Skatehalle?
Die Skatehalle Dresden gibt es offiziell seit 2001. Davor existierte sie als illegal genutzte Halle, wurde aber mit der Zeit immer mehr zum Anlaufpunkt für die Skate- und BMX-Szene Dresdens. Irgendwann waren es so viele, dass eine Struktur her musste, um etwas Langfristiges aufzubauen und finanzielle Unterstützung zu bekommen. Heute haben wir Besucher aus dem ganzen Osten Sachsens bis hin zu Leuten aus Tschechien.

Mittlerweile steht ein Verein hinter der Halle, oder?
Ja, der 248 Wheels e.V. (zwei Räder für Bikes, vier Räder für Skateboards und acht Räder für Inliner). Der Verein existiert seit 2001 und ist bis heute aktiv an der Skatehalle beteiligt. Leider war das nicht immer so, denn Ende 2007/Anfang 2008 war die Energie der damaligen Mitglieder einfach aufgebraucht. Viele haben damals Jobs oder eine Lehre/ein Studium begonnen, sind weggezogen oder haben einfach aufgehört, zu fahren. Der Verein stand vor dem Aus – mit fast 10.000 € Schulden. Zu diesem Zeitpunkt wurde einfach keine Miete mehr gezahlt, die Öffnungszeiten waren nur noch unregelmäßig und alles, was mit den Finanzen zusammenhing, wurde nicht mehr mit Sorgfalt erledigt. Das hat sich dann summiert und deshalb war ein Ende fast absehbar. Damals standen wir vor der Entscheidung, den Verein vom Gericht zurückzukaufen, mit allen Schulden und dem damit verbundenen Stress, und diesen neu aufzubauen, oder die Skatehalle zu schließen und damit das gesamte Projekt zu beenden. Wir haben uns damals für die erste Version entschieden, allerdings ohne zu wissen, was alles an Rechnungen noch offen war. Seitdem ist verdammt viel Zeit vergangen und es hat uns viele Nerven gekostet, um das ganze Chaos irgendwie wieder überschaubarer zu machen. Die Entscheidung aus dem Bauch heraus getroffen worden und vor allem aus dem Wunsch heraus, in Dresden etwas zu erhalten. Denn immerhin ist die Skatehalle eine der ersten in Ostdeutschland gewesen und das sollte nicht einfach zu Ende gehen.

Warum war es wichtig, einen Verein zu gründen?
Ein Verein ist deswegen so wichtig, um rechtlich nicht völlig ins Blaue hinein etwas aufzubauen. Jeder Vermieter und Partner will natürlich wissen, dass sein Gegenüber weiß, was er tut, und als Privatperson eine Skatehalle anzumieten wird auch sehr schwierig. Mal abgesehen davon, dass eine Unterstützung durch die Stadt oder Sponsoren nie umsetzbar wäre. Es geht auch darum, nicht nur sein eigenes Ding zu machen, sondern ebenso auf den Austausch mit den anderen Sportarten zu setzen. In unserem Vorstand sitzt aus allen drei Richtungen (Skateboard, BMX, Inline) jeweils ein aktiver Fahrer. Das macht es manchmal etwas schwieriger, aber man kann auch sagen, dass trotzdem fast alle Wünsche erfüllbar sind. Und als Verein kann man immer besser argumentieren, wenn man Unterstützern zu erklären versucht, dass es da wirklich viele Leute gibt, die so was fahren. Masse ist in diesem Zusammenhang manchmal viel wert.

Nach zehn Jahren droht euch nun die Schließung. Kannst du dazu etwas sagen?
Das hängt mit unserem Vermieter zusammen. Wir haben bis jetzt immer ein sehr gutes Mietverhältnis gehabt, sprich: im Sommer haben wir nur die Nebenkosten gezahlt und im Winter dann die volle Miete, also traumhafte 5.000 € im Jahr für 500 qm. Nun wurde das Grundstück verkauft, und der Käufer möchte gerne marktübliche Preise aufrufen, und das sind für ein Jahr 24.000 €. Dafür würden wir zwar auch neue Toiletten und einen neuen Stromanschluss bekommen, aber auch das will irgendwie finanziert werden. Da sind wir nun völlig raus, weil alles, was wir leisten können, sich aus den Eintrittsgeldern finanziert. Wir erhalten ja keinerlei Förderungen und haben keine große Sponsoren, die uns unterstützen. Und da waren ja noch die 10.000 € Schulden. Die sind jetzt zwar weg, aber deswegen konnte auch kein Geld zurücklegt werden.

Wie wird es jetzt weitergehen?
Wir haben über verschiedene Gespräche und lokale Pressearbeit erst mal die Öffentlichkeit auf uns aufmerksam gemacht. Leider sind die Aussagen der zuständigen Politiker teilweise widersprüchlich. Hier mal ein Beispiel: „Finde ich super, was ihr da macht, aber schaut doch mal, dass ihr Förderung aus der Jugendarbeit bekommt.“ Und da kann ich als einer, der in diesem Gebiet arbeitet, sagen, dass in Dresden genau an dieser Stelle gespart wird und wir als ein „neues“ Projekt quasi null Chancen haben, uns gegen die großen Alten durchzusetzen. Dazu kommt, dass keiner unsere Arbeit verstehen will oder kann. Immer die gleiche Frage: „Was macht ihr? Sozialarbeit oder doch Sport?“ Da sagen wir immer: beides. Das stößt auf erstaunte Gesichter und Kopfschütteln. Wir wollen jetzt versuchen, mit allen Beteiligten einen Weg zu finden, damit die Skatehalle nicht schließen muss und alle Unterstützern aufeinander zugehen. Unser Vermieter hält noch zu uns. Er gibt uns erst mal die Möglichkeit, alle Chancen zu nutzen. Aber auch das wird irgendwann zu Ende sein. Außerdem würden wir gerne in ein anderes Objekt umziehen, welches direkt am bekanntesten Skatepark der Stadt liegt und derzeit leer steht. Das Gebäude wäre ideal für einen Neuanfang und hat zudem einfach die besten Voraussetzungen, erfolgreich weiter zu bestehen. Hier wird leider von Seiten der Stadt nur geblockt und eher noch versucht, das Objekt für viel Geld zu kaufen, um es dann abzureißen. Für uns ist das völlig unverständlich, da eine Erweiterung des schon bestehenden Outdoorskateparks beschlossene Sache ist, aber die Skatehalle als nicht sinnvoll angesehen wird. Unser Wunsch wäre es, dort dann nicht nur eine Skatehalle zu betreiben, sondern auch Ausstellungsräume für Künstler anzubieten oder einen eigenen Skateshop zu eröffnen und vieles mehr. Das Gebäude gibt einfach verdammt viel her und der Mietpreis wäre auch nicht höher als jetzt.

Was kann man tun, um euch zu helfen?
Wir sind über jede Hilfe dankbar, egal ob es mit Geld, Material oder Wissen verbunden ist. Wir kommen gerne auch in andere Städte, um uns mit den Leuten dort auszutauschen und eventuell neue Möglichkeiten der Erhaltung zu finden. Unser Antrieb ist immer noch: Es ist eure Skatehalle. Jeder, der sich angesprochen fühlt, kommt am besten einfach vorbei oder nimmt per Mail/Facebook mit uns Kontakt auf.

Möchtest du zum Schluss noch etwas loswerden?
Einen großen Dank an alle, die uns bis hierher unterstützt haben: Titus Dresden, Dirk von den Sportpiraten aus Flensburg, Sven vom Heizhaus in Leipzig, Ralle aus Berlin und die Leute, welche immer wieder aufs Neue mit uns versuchen, eine Lösung zu finden. Wir wollen mit euch zusammen irgendwann mal sagen können: Es war eine gute Entscheidung weiterzumachen. Wir würden uns wünschen, mit allen Skateparks und Skatehallen 2012 eine Art Kongress zu veranstalten, wo genau so ein Austausch stattfinden kann. Denn wir hören immer wieder, dass es nicht nur bei uns so schwierig ist, etwas derartiges aufzubauen und dann auch lange zu erhalten. Für viele von uns ist es die schönste Zeit ihres Lebens.

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