Schock deine Homies, lies ein Buch! Wie zum Beispiel Almost 30 Years of Posh Woods. Das ist zwar sehr dick, aber es gibt auch einiges zu erzählen. Wie der Titel bereits verrät, handelt das 289-seitige Werk, welches von Rob Dolecki herausgegeben wurde, von der Geschichte der Posh Woods, einem legendären Trailsspot in Pennsylvania, USA. Um es vorweg zu nehmen: Rob hat sich mit diesem unglaublich kraftvollen und visuell ansprechenden Buch selbst übertroffen!
Wer die Geschichte von BMX in vollem Umfang verstehen möchte, kommt um die Geschichte von POSH nicht herum. In dieser Geschichte wimmelt es nur so vor furchtlosen Helden, von denen viele an den Posh Trails mit dem Fahren angefangen haben oder zumindest dort eine Zeit lang Locals waren.
Wie zum Beispiel Chris Doyle und Mike Aitken, zwei der besten Trails- bzw. Transitionfahrer aller Zeiten. Von beiden sind in diesem Buch Bilder von Tricks zu sehen, die kein normaler Mensch jemals so hoch und stylisch nachmachen wird. Ihre Herangehensweise an BMX war maßgeblich von Isaac “Groundchuck” McRea und Chris Stauffer beeinflußt, also zwei Fahrern, deren Fahrstil ihrerseits durch und durch von Trails im Allgemeinem und Posh im Speziellen beeinflußt wurde.
Mike Aitken sagt dazu in diesem Buch: „Posh war schlicht und einfach der beste Trailsspot aller Zeiten, an dem sich alle anderen Trailsspots auf der ganzen Welt orientiert haben. Posh ist so etwas wie das Markenzeichen dafür, wie es gemacht werden sollte.“
Aber fangen wir von vorne an. Laut der Einleitung von Almost 30 Years of POSH, ging es mit dem Dreckgespringe in den 1970er Jahren in Kalifornien los. In den 1980er Jahren schwabbte die Welle Richtung amerikanischer Ostküste und gegen Ende des Jahrzehnts entstand Old Posh. Als diese illegale Hügellandschaft von der Gemeinde plattgemacht wurde, begannen einige versprengte Locals ab 1994 damit, an einem neuen Spot zu buddeln – natürlich auch diesmal ohne Erlaubnis! Dies war die Geburtsstunde von New Posh oder Posh Woods, wie der Spot später getauft wurde.
“Die Locals von Posh Woods erhoben das Bauen von Absprüngen und Landungen zu einer Kunstform.”
Posh Woods entwickelte sich innerhalb kurzer Zeit zu der treibende Kraft hinter dem Wandel, der Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre Dirtjumpspots in aller Welt erfasste. Waren Dirtjumps bis dahin nämlich einfach nur vereinzelte lose Erdhaufen, die kaum gewässert oder anderweitig gepflegt wurden, erhoben die Locals von Posh Woods das Bauen von Absprüngen und Landungen zu einer Kunstform und begann damit, die Sprünge miteinander zu Lines zu verbinden, die ohne in den Zwischenräumen zu treten gefahren werden konnten. Das Resultat sind die wunderschön konstruierten Kunstwerke, wie wir sie heutzutage von vielen Trails kennen.
Ende der 1990er war Posh so berühmt, dass Menschen aus aller Welt den Spot geradezu überranten. Die Legende besagt, dass es zum Beispiel einen französischen Reiseveranstalter gab, der Trips dorthin anbot. Was zum Resultat hatte, dass an den Trails einmal ein Reisebus mit 40 Fahrern vorfuhr. Eine Entwicklung sehr zum Leidwesen der Locals! Denn das war nicht nur für die Trails selbst ein Problem (zerstörte Absprünge und Landungen) sondern auch für die Nachbarn, die sich über den Lärm, den Müll und die vielen Autos auf ihrer Straße beschwerten. Der Spot stand zum ersten Mal vor dem Aus.
“No dig, no ride.”
Nicht zuletzt aus diesen Gründen zog man andere Saiten auf. So wurden beispielsweise Ketten vor den Anfahrten gespannt und Warnschilder aufgestellt, damit der Spot nur von geladenen Gästen gefahren werden konnte. Es etablierte sich außerdem eine ungeschriebene Trailsetikette, der zur Folge man beispielsweise erst bei dem Bau und/oder der Instandhaltung der Hügel mithelfen musste, bevor man die Dinger auch fahren durfte. Das Motto “No dig, no ride” kennt man heute in aller Welt.
Mit vielen tollen Interviews wird diese Geschichte aus der Perspektive der Locals und der Besucher aus aller Welt nacherzählt. Die dazugehörigen Fotos sind im Grunde ein Who-is-Who der BMX-Größen aus glorreichen Zeiten: Joe Rich, Joe “Butcher” Kowalski, Brian Foster und zu viele mehr, um sie alle aufzuzählen, sind in diesem Buch vertreten. Berühmte Dirtlegenden, die auch heute noch fahren, sind Clint Reynolds und natürlich die Halahan-Brüder.

Ich könnte auch Jay Lonergan, Jeremy “Magilla” Reiss oder Dave King erwähnen. Aber wenn du weißt, wer das ist, dann fährst du entweder schon sehr lange BMX und hast Ende der 1990er Jahre unser Printmagazin gelesen – oder du hast dir das Buch bereits gekauft.
Es gab eine riesige Community, die mit diesem Ort verbunden war, unzählige Events wurden hier abgehalten, legendäre Videos gedreht, und berühmte Fahrer aus aller Welt strömten herbei, um diesen einzigartigen Spot zu fahren. Posh war eine Art Mekka für BMX-Fahrer, wo man statt zu beten einfach die Hügel abdeckte, ein wenig buddelte und dann die beste Zeit seines Lebens auf dem Fahrrad verbrachte.
Für mich persönlich war es erstaunlich zu lesen, dass Joe “Butcher” Kowalski die meisten seiner Tricks am ersten großen Sprung der neuen Posh Trails gelernt hat. Den er im übrigen auch selbst gebaut hat und der nach ihm benannt war. Butcher scheint die Tricks erst später auf die Straße gebracht zu haben. Auf jeden Fall war sein FBM-Werbespot, in dem er über eine Mülltonne whippt, der Grund, warum ich 2001 selbst Tailwhips lernen wollte.
“Niemand hat es je bereut, etwas Schönes geschaffen zu haben!”
Das Buch endet mit der Geschichte, wie Posh 2023 abgerissen wurde. Sicherlich ein trauriges Ende, aber gleichzeitig vermittelt es eine starke Botschaft: Nichts hält ewig, egal wie gut oder schön es auch sein mag. Man sollte also immer das schätzen, was man heute hat. Also, kontaktiere deine Freunde an, baut etwas Schönes und fahrt und liebt euren Spot. Erkenne dein Glück und halte es fest! Niemand hat es je bereut, etwas Schönes geschaffen zu haben!
Wenn du wissen willst, wer gerade der angesagteste Streetfahrer ist und welche neuen Produkte es gibt, dann scrolle ruhig durch Instagram. Aber wenn du wissen willst, was BMX-Engagement bedeutet, was die Wurzeln des BMX-Sports sind und was Menschen, die BMX über alles lieben, erreichen können, dann kauf dir dieses Buch. Es nimmt dich mit auf eine wunderbare Reise.
Almost 30 Years of Posh Woods ist in Deutschland über AllRide BMX Distribution überall im gut sortierten BMX-Fachhandel erhältlich.
Text: Max Gaertig
Fotos: Rob Dolecki
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