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Fear is (not) temporary

Letztes Wochenende gab es dieses Jahr die ersten Tage mit blauem Himmel und erträglichen Temperaturen. Ich zog also nur einen Zipper unter die Winterjacke und machte mich mit ein paar Bonnern auf den Weg in das Streetmekka schlechthin. Nach Koblenz.

Ich war den ganzen Tag recht guter Laune, was selten passiert. Aber wenn man auf Rentnerhorden trifft, die diverse Grindversuche vor einem denkmalschutzverdächtigen Gebäude nicht der Polizei melden, sondern freundlich beklatschen, dann wird selbst der schlimmste Pessimist etwas milde gestimmt. Kurze Zeit später betrauerten wir die der Neugestaltung des Konrad Adenauer-Ufers zum Opfer gefallenen Kinkrails, für die wir aber nach kurzem Suchen mehr als adäquaten Ersatz fanden. Eins der Fundstücke war in etwa „so breit wie eine Autobahn“ (Billy), also rund zehn Zentimeter, und schmiegte sich an ein Doubleset mit beachtlichen Ausmaßen. Ein Kinkrail dieser Breite ist für Billy in etwa so einladend wie ein Löffelchen frisch aufgekochter Schore für den Drogensüchtigen auf Turkey. Schließlich verspricht ein Railride dort eine ruckartige Verschiebung der eigenen Grenzen und darüber hinaus ein beachtliches Gefahrenpotential. Und das sind Dinge, die für ihn zu BMX gehören wie Flatrails für den Kölner und Doublewhips für den Berliner. Was dann passierte, sieht man hier:

Ich hasse es, solche Dinge zu fotografieren. Ich hasse den Anblick verletzter Menschen, ich hasse es, den Notruf zu wählen und ich hasse diese bangen Momente kurz vor dem Versuch, in dem sich alles zusammenzieht, weil man nicht weiß, was gleich passiert. Dieses Mal ging es ohne Notarzt, schön war es trotzdem nicht. Mir ist schon klar, dass so etwas dazugehört. Spektakuläre Tricks wären nicht denkbar ohne ebenso spektakuläre Stürze. Ich weiß aber auch, dass meine Fotos weniger ausgefeilt werden, sobald ich mir nicht sicher bin, dass jemand den Trick schafft und außerdem ein recht hohes Verletzungsrisiko besteht. Dann denke ich sowieso nur daran, den richtigen Moment zu erwischen und hoffentlich nichts falsch zu machen. Oft genug beherzige ich dann einen der besten Ratschläge, die man als BMX-Fotograf bekommen kann: Wenn man unsicher ist, dann nimmt man eine Normalbrennweite und benutzt keine Blitze. Denn eine technisch akzeptable Dokumentation des Geschehens, die vielleicht etwas Kreativität vermissen lässt, ist im Zweifelsfall besser als ein unscharfes Foto aus einer abgefahrenen Fisheyeperspektive. In diesem Fall habe ich natürlich alles falsch gemacht, man sieht mich mit der Mittelformatkamera auf der oberen Treppenstufe stehen, das Fisheye direkt die Sonne gerichtet. Letzten Endes ist es ganz gut, dass Billy den Trick nicht gestanden hat, denn mehr hätte ich wirklich nicht falsch machen können. Das Foto ist zu furchtbar, um gezeigt zu werden, aber es gibt ein anderes aus der Reihe „Der Fotograf hat mehr Angst als der Fahrer“.

Momente, die man lieber nicht miterlebt

Christian Ziegler wollte hier über die Treppe und das Rail in die knapp zweieinhalb Meter tiefer liegende Abfahrt springen. Ich hatte mich für das Fisheye von oben entschieden, weil man von unten die Treppe nicht gesehen hätte. So kommt natürlich nicht die brutale Höhe der Mauer rüber, aber da konnte ich nur zwischen zwei Übeln wählen. Ein Hinterradhangup beendete die Mission frühzeitig und erzwang eine Landung auf den Knien. Zum Glück hat Christian nur ein paar böse Prellungen davongetragen, aber ich werde niemals den Moment vergessen, als er sich nach dem Einschlag kurz aufraffte und dann wieder in sich zusammensank. Und niemand der anderen Anwesenden bewegte sich oder wollte mir Auskunft geben, wie es ihm geht, solange ich noch auf der Mauer hing und nicht wusste, ob er sich das Gesicht zermatscht hat oder nicht.

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