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Kevin Nikulski über TIMELESS und sein Portugal-Abenteuer

Wenn Kevin noch vor wenigen Wochen morgens aufwachte, dann hörte er den Berliner Autoverkehr an seinem Fenster vorbeiziehen. Damit ist es vorbei, denn seit einigen Zeit vernimmt der kunstform-Fahrer stattdessen ein sanftes Meeresrauschen. Und das liegt nicht an den vielen Drogen, die es rund um die Spree zu genüge gibt, sondern daran, dass Kevin getreu seinem Motto „Paradise Is Very Nice“ seine Wohnanschrift aus Kreuzberg an die Südspitze Europas verlegt hat. Genauer gesagt: nach Lissabon, wo wir ihn erreicht haben, um über sein neues VX-Video TIMELESS zu schnacken, das ihr hoffentlich schon alle gesehen habt. Falls nicht, dann könnt ihr das jetzt weiter oben nachholen. Im folgenden Interview erfahrt ihr unter anderem, was es mit dem Titel dieses kleinen Meisterwerks auf sich hat und über Kevins neue Wahlheimat sowie seine Zukunftspläne haben wir selbstverständlich auch gesprochen. Vorhang auf!

Yo, Kevin! Alles fit? Wir erreichen dich heute in Portugal, genauer gesagt am Stadtrand von Lissabon? Was ist da los? Erzähl doch mal.
Tachchen, grüßt euch! Ach eigentlich alles im Lot, kann mich gerade nicht beschweren. Ja, ich habe Ende letzten Jahres den move nach Lissabon gemacht und einfach mal ’nen Schritt aus der Comfizone gewagt. Fühlt sich auf jeden Fall sehr gut an und hat echt Potential für mich.

Wie sieht es Corona-technisch bei euch aus?
Da Portugal mit den Zahlen ganz hoch im Kurs stand, war hier natürlich auch richtig Schotten dicht. Zwar jetzt nicht lange, aber bockt halt einfach nicht. Ich höre an dieser Stelle mal auf, zu jammern. Vor kurzem wurde es wieder bisschen gelockert, das heißt auch wieder BMX fahren ohne Probleme.

Zeitloser Steeze von Kevin vor einer nicht ganz so unbekannten Brücke
Zeitloser Steeze von Kevin vor einer nicht ganz so unbekannten Brücke; Foto: Paulo Martins

Bist du jetzt für immer weg, oder wird man dich ab und zu auch wieder in Deutschland sehen?
Deutschland und speziell Berlin bleibt die Base! Nur weil ich an ’nen sunny place gezogen bin, soll es nicht heißen, dass ich nicht mehr Bestandteil der deutschen Szene bin. Ich werde weiter hin viel in Deutschland unterwegs sein und die BMX-Szene suchen, wo ich nur kann. Gerade Berlin ist und bleibt der Hafen, wie ich es so schön nenne.

Bevor du abgedüst bist, hast du noch flugs ein neues Video mit Raph gefilmt. Wie kam es dazu und was war die Idee dahinter?
Na, die Sache war so: Raph und ich haben an einem Suffabend eingeschlagen, einen run für e-FISE zu filmen, da der bock für Flat da war. Da Raph halt ein VX-Spezi ist, haben wir darüber gesprochen, wie geil das auf Tape kommen würde, weil das auch bestimmt keiner bringt. Wir fanden die Idee super und waren motiviert, das die nächsten Tage zu schießen, da uns die Deadline im Nacken saß. Jetzt waren wir am Spot, Wetter war Hammer, nur habe ich mir selber einen viel zu großen Druck gemacht, fette combos an einem Stück zu ballern. Bei mir kam nix raus und ich musste zum ersten Mal aufgeben – bin einfach mit zu großen Erwartungen an die Sache ran. Ich hab mir einfach die Zähne an den Tricks ausgebissen, es war zum Kotzen! Ich war so abgefuckt, dass ich dieses Videocontestding überdacht habe und eigentlich keinen Bock auf diesen Stress habe, wenn ich doch mit ein bisschen mehr Zeit was viel Geileres hinbekomme, gerade auf Tape.
So habe ich mit Raph beschlossen, einfach echte zeitlose Tricks auf Asphalt zu filmen. Die Idee, am e-FISE teilzunehmen schnell über Bord geworfen und – zack – da stand das Projekt TIMELESS.

Raph Jeroma-Williams und seine Babys
Raph Jeroma-Williams und seine Babys, Fotos: Valentin Hansen

Magst du noch einmal genauer darauf eingehen, was es mit dem Namen auf sich hat?
Da ich so gegen diesen Onlinecontestzirkus gewettert habe, wollte ich einfach komplett gegen den Strom schwimmen und genau das Gegenteil machen, nämlich Kunst! Flow, Style und Perfektion gebannt auf VX und Super8, das war der Gedanke zu TIMELESS.
Wir hatten einfach Bock auf ein zeitloses, rundes Video, was man sich noch in 10 Jahren anguckt. Sich einfach mal runterfahren und solange an einem Link arbeiten, bis er flowt. Auch wenn es teilweise nicht die härtesten Sachen sind, aber dafür mit steeze!

„Ich wollte einfach komplett gegen den Strom schwimmen und genau das Gegenteil machen, nämlich Kunst!“

Wie war es so mit Raph zusammenzuarbeiten? Der ist doch bestimmt Flatlandlaie, oder? Hat sich das irgendwie bemerkbar gemacht?
Klaa ist, dass Flatland anders ist, aber zum Schluss merkt man die Magie, wenn es sitzt! Raph war von Minute 1 dabei, zu motivieren und mich vom Boden zu kratzen, wenn es einfach nicht lief. Cheers, homie! Von Session zu Session konnte Raph meine Bewegungen besser lesen und somit effizienter einfangen, was sich dann schnell wie ein eingespieltes Team angefühlt hat. Das, was man bei einer Flatsession mitbringen muss, ist Geduld. Die hatte Raph auf jeden Fall. Es ist unglaublich wichtig, sich als Fahrer keine Platte um den Filmer zu machen, auch wenn man 3.000 tries braucht, sonst wird das eh nix.
Bei Raph hab ich sehr schnell gemerkt, dass der Bock, den Trick oder die combo einzufangen größer war, als abgefuckt zu sein.

Das neue Dreamteam nach getaner Arbeit. Prost, Meiner! Foto: Valentin Hansen

Das Video ist nicht nur trick-, sondern auch produktionstechnisch 1A! Wie wichtig ist dir der zweite Aspekt? Merlin sagt ja immer, BMX präsentiert sich einfach viel zu oft schlecht. Dem würdest du wahrscheinlich zustimmen, oder? Du gibst dir in der Beziehung ja immer besonders Mühe.
Erstmal danke für die props! Puh, gute Frage! Bin natürlich super stolz auf die BMX-Szene nur habe ich auch wie Merlin das Gefühl, dass es zu oft schlecht präsentiert wird. Ich meine, was ist schlecht!? Soll jeder das machen, worauf er Bock hat, darum geht es ja schließlich auch in dem Sport. Ich merke halt sehr stark, dass viel durch dieses Online bzw. Insta-game verheizt wird, um einfach nur jeden Tag irgendeinen content zu generieren – und da bleibt halt der Style irgendwann ganz schön auf der Strecke!
Man sollte alles nutzen, was man kann und sich einfach mal die Zeit nehmen, etwas mit einer Message rauszuhauen. Die young guns in Deutschland machen das echt gut, man sieht immer mehr gute Crew-Edits, die Feuer haben und artsy sind, feiere ich total … Mal weg von dem Negativen!

„Ich merke sehr stark, dass viel durch dieses Online bzw. Insta-game verheizt wird, um einfach nur jeden Tag irgendeinen Content zu generieren – und da bleibt halt der Style irgendwann ganz schön auf der Strecke!“

Wahre Worte! Aber nochmal zurück zu deinem Umzug. Wenn wir schon mal bei Szene sind: Was geht denn BMX-technisch in Lissabon?
Ey, die Szene hier in Lissabon ist hungrig, die Jungs sind alle super motiviert und haben Bock auf Aktion! Ich glaube jeder, der schon in Lissabon war, weiß, das die Stadt mit Spots fein gespickt ist – egal ob Street oder Flat.
Wie du oben schon sagtest, mich hat es jetzt an den Stadtrand getrieben, da hier nochmal ein ganz anderer lifestyle herrscht. Ich nenne es auch gerne European California! Wohne direkt am Strand mit einer schnellen Anbindung an die City, was will man mehr.

Wie sieht ein normaler Tag bei dir in Lissabon aus?
Ach, gerade recht verhalten. Bin viel am Rollen und wenn die Wellen stimmen, dann bin ich im Wasser.

Shaka brah! Foto: Matthias Dandois

Was vermisst du seit Corona am meisten?
Boah, tatsächlich vermisse ich am meisten, mit den Jungs einen drauf zu machen und auf Trips zu gehen. Das Reisen oder unterwegs zu sein, fehlt mir auch sehr. Ich hoffe, dass der ganze Spuk bald vorbei ist und wir uns alle zusammen wieder einen nehmen können. PROST!

Was würdest du jemanden raten, der wie du auswandern möchte?
Ich würde meinen move jetzt nicht als auswandern bezeichnen. Klar, es ist ein anderes Land, aber immer noch Europa und das vereinfacht vieles. Aber was ich jemanden wirklich raten würde, einfach durchziehen und den Schritt wagen!

Der neue Hood von Kevin kann sich sehen lassen; Fotos: Benjamin Arena

Kommen wir langsam zum Ende. Ich weiß, man kann im Moment nur schlecht irgendwas planen, aber kannst du trotzdem absehen, was in nächster Zeit so bei dir anliegt?
Obwohl es gerade ziemlich ruhig ist, habe ich ein paar Projekte in der Pipeline, auf die ich mich sehr freue.
Im Sommer werde ich auf jeden fall ’nen Monat in Berlin verbringen und vielleicht bekommen wir ja sogar den Bank Jam an den Start.

Möchtest du zum Schluss noch jemanden grüßen oder dich bei irgendwem bedanken?
Fettes Danke an Raph, es war mir eine Ehre! Natürlich auch danke an Valentin Hansen, der auch oft die second übernommen und die Visuals gezaubert hat. Natürlich möchte ich mich noch für das hammer Feedback zu TIMELESS bedanken! Ihr seid die Geilsten, bis gleich!

Kevin Nikulski ist 26 Jahre alt, pendelt zwischen Berlin und Lissabon und fährt für den kunstform BMX Shop sowie Snipes, GShock und Sumol.

Interview: The Medialist
Fotos: Valentin Hansen, Paulo Martins, Matthias Dandois und Benjamin Arena​​

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