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Das verdammte Knie – Teil 3

Oli Landgrafs Herangehensweise an BMX könnte man als rigoros und kompromisslos beschreiben. Was für Außenstehende einen gewissen Charme haben mag, ist für den Bonner Draufgänger natürlich nicht ganz ungefährlich. Denn wenn er furchteinflössende Treppengeländer mit offenem Visier anspringt, dann besteht auch immer die Chance, dass das gehörig in die Hose gehen kann. Und genau das ist in den letzten zwölf Monaten nicht nur einmal, sondern gleich zweimal geschehen. Zwei schwerwiegende Knieverletzungen binnen kürzester Zeit sind kein Pappenstiel. Doch Oli wäre nicht Oli, wenn er sich von solchen Rückschlägen ins Bockshorn jagen lassen würde. Was er über seine doppelte Verletzungspause zu sagen hat, erfahrt ihr im letzten Teil unserer Serie “Das verdammte Knie”.

Kompromisslos und rigoros: Oli Landgraf aus Bonn

Name, Alter, Wohnort, Sponsoren?
Oli Landgraf, 28, Bonn, wethepeople, The Hundreds, A-Game Distro, Sport Import, Tattau.

Bei was für einem Trick hast du dich verletzt?
Zum Glück bei ‘nem Handrail und nicht als ich aus der Badewanne ausgestiegen bin. Ich wollte ein ein Rail feeblen, das direkt an ‘ner schmalen Ledge drangebaut war. Der Anlauf war ganz lustig, da ich nur ‘nen halben Meter anfahren konnte. Na ja, beim dritten Versuch bin ich auf der halben Strecke zwischen Handrail und Ledge stecken geblieben. Ich wurde vom Rad geworfen und da mein Oberkörper am rotieren war, aber mein Standbein, das in der Treppe landete, nicht, habe ich mir richtig schön das Knie verdreht. Es war mein erster 360 mit einer Kniescheibe.

Was ist dabei kaputt gegangen?
Außenmeniskus gerissen, Kapselriss, Knorpelriss, vorderes Kreuzband gerissen, Innenmeniskus gequetscht und ein Stück Oberschenkelknochen ist abgebrochen.

Was war der erste Gedanke, der dir durch den Kopf geschossen ist, nachdem du gestürzt bist?
Scheiße, das war’s! Da ist wieder was kaputt gegangen. Ich habe es halt ordentlich knacken und knirschen gehört, als ich in der Treppe gelandet bin. Als ich dann auf den Boden lag, wusste ich, dass was nicht stimmt, da mein Knie ausgerenkt war und ich es beim Aufstehen wieder eingerenkt habe. Es war aber auch anders, als beim letzten Mal. Damals wusste ich zwar, dass das Kreuzband gerissen ist, weil ich nicht mehr richtig gehen konnte. Trotzdem konnte ich aber auf dem Rad stehen. So konnte ich damals nach dem Sturz noch den Trick zu Ende bringen, ohne Kreuzband. Schließlich kam das Foto dann auch in den wethepeople-Katalog. Somit gab es eine kleine Teilbefriedung, die ich jetzt nicht habe, und das nervt.

An diesem Spot hat sich Oli das erste Mal sein Kreuzband zerstört – und das Rail beim zweiten Versuch dann trotzdem noch heldenhaft bezwungen! Foto: xmx

Bist du dann gleich ins Krankenhaus gefahren?
Nein, ich halte nix von der Krankenhausambulanz. Die haben schon oft mir nicht glauben wollen, als ich ihnen sagte, es sei was gebrochen etc. Selbst nach dem Röntgen haben sie schon ein mal einen Bruch im Handgelenk übersehen. Ich habe es knacken gehört und der Schmerz war auch ein anderer. Trotzdem stempeln sie dich ab und schicken dich mit ‘ner Packung IBU [Ibuprofen] nach Hause. Ich fahre lieber zum Sportmediziner, die kennen sich aus und sehen es auch direkt meistens, wenn was kaputt ist. Generell habe ich aber ein ganz gutes Gespür für meinen Körper. Ich weiß zum Beispiel, wann ich geil bin und wann nicht. Toll was? Ne, ich wusste, dass es das Kreuzband war. Und bei so einer Verletzung kann das Krankenhaus auf die Schnelle nix machen. Es müssen sich Spezialisten anschauen und nicht Dr.-House-Assistenten. Ein MRT muss gemacht werden etc. Dann wirst du punktiert, heißt, das sie dir das Blut aus dem geschwollen Knie mit einer Spritze saugen. Du bekommst Krücken und musst kühlen und zu Hause liegen. Irgendwann kommt dann die OP.

Was hast du dann gedacht, als du die Diagnose gehört hast?
Ja, große Scheiße! Ich war gerade mal drei Monate fit nach meiner alten Verletzung und jetzt dieser Kniesalat. Einerseits war das natürlich ein Scheißgefühl. Anderseits gehört das zu unserem Sport dazu und damit muss man klar kommen. Auch wenn ich die letzten zwei Jahre echt viel Pech hatte und nicht das machen konnte, was ich wirklich kann. Ich musste aber auch lachen, da die Aufzählung nicht aufhörte. Es ist das und das und das kaputt. Ich wäre niemals durch den TÜV gekommen.

Wie wurde deine Verletzung behandelt?
Meinst du die erste oder zweite am Knie, haha. Es gibt bei ‘ner Kreuzbandverletzung mehrere Möglichkeiten.Bei dem ersten Kreuzbandriss, den ich hatte, haben wir es anfangs konservativ versucht. Man entscheidet sich somit gegen eine OP und versucht durch eine ausgeprägtere Muskulatur, das Knie stabil zu halten. Bei Fußballern gelingt das manchmal. Ich habe es auch mit viel Training versucht, da ich so viel schneller hätte fit sein können, musste aber dann feststellen, wenn ich auf dem Level fahren will, wie es mir Spaß macht, sind beide Kreuzbänder einfach notwendig. Für den Alltag hätte es gereicht. Also kam die OP, wie auch jetzt. Nur dieses Mal wird halt nicht nur das Kreuzband, sondern der Rest auch zusammengeflickt.

Lecker

Wie lange durftest du dein Bein nicht bewegen?
Direkt nach der OP musst du natürlich das Bein ruhig legen. Du kannst es eh nicht bewegen, schließlich haben sie dir ‘ne Schraube in den Knochen gedreht und irgendwelche Sehnen zu einem neuen Kreuzband geformt. Man hat ja auch Schmerzen in dieser Zeit und es macht wirklich keinen Spaß. Generell sind es so zwei Wochen, wo du echt aufpassen musst. Dennoch kannst du laut Mediziner schon nach drei Tagen auf Krücken zur Physio humpeln und dich mit Massagen und Elektrotherapie etc. behandeln lassen. Was auch gut ist, denn du verlierst sehr schnell Muskulatur. Das muss super schnell wieder aufgeholt werden. Da muss man die Zähne zusammenbeißen. Dennoch ist man bestimmt vier bis sechs Wochen krankgeschrieben, da echt nicht viel geht.

Was hast du während deiner Verletzungspause gemacht? Doch nicht etwa Reha, oder doch?
Reha ist Pflicht! Ich will ja so schnell wie möglich wieder laufen und auf der Theke im Club tanzen können, haha. Aber Playstation spielen gehört genau so dazu, wie das gesamte Internet nach seinen Interessen zu durchstöbern. Mein füllt halt seine Wissenslücken und macht viel Kopfarbeit. Das Lustige ist, dass sich das Wort Verletzungspause so leicht anhört. Leider fällt man nach so ‘nem Kniemist neun bis zwölf Monate aus. Und da gibt es ja einiges, was man machen kann. Neben viel Ausgleichssport bevorzuge ich es zum Beispiel, Chinesisch zu lernen oder einen Töpferkurs zu machen. Aber auch meine Nachtfaltersammlung habe ich erweitert. Man möchte ja weiterhin attraktiv bleiben. Ansonsten heißt es: viel arbeiten und eigene Projekte umsetzen.

Schlechte Aussichten für Oli

Wie sah/sieht deine Reha aus?
Am Anfang sind es kleine Übungen beim Physiotherapeuten, die man macht. Es gibt viele Balanceübungen und kleine Gymnastiksachen. Ich wollte mir eine neongelbe Leggings bei der Physio anziehen, aber mein Therapeut war ein Mann und das wäre nach hinten los gegangen. Diese Doppeldeutigkeit ist der Wahnsinn, haha. Vielleicht mach ich es diesmal. Sobald du dann aber merkst, das laufen und gehen wieder besser wird, kann man auch leicht anfangen, wieder ein wenig anderen Sport zu machen. Ich hätte es ja nicht für möglich gehalten, aber ich habe mir ein Rennrad besorgt. Auf diesem Wege vielen Dank an Bodo von Sport Import, er hat mir da echt geholfen. Ein paar Wochen später kann man dann sogar joggen gehen. Ich bin letztes Jahr überall hingejoggt, statt den Bus zu nehmen, was echt gut getan hat und hoffentlich wieder wird. Natürlich macht man auch ein paar Übungen für den Oberkörper. An sich brauch ich viel Bewegung und das ist auch das schreckliche an der Anfangsphase der Reha nach der OP. Ich habe mich dann einfach rundum fit gehalten, bis ich das OK vom Doc, bekommen habe, wieder aufs Rad steigen zu dürfen.

Wie lange wirst du noch verletzt sein?
Bis ich wieder aufs Rad kann und leicht Radfahren darf, wird es mindestens sechs bis acht Monate dauern. Eigentlich sogar neun Monate, wenn du sicher gehen willst. Voll funktionsfähig bist du dann erst nach einem Jahr. Dennoch war es ganz lustig, das meine ersten richtigen Radversuche die Clips von Max’ Grindhouse-Video waren. Ich hatte mir echt schon einige Spots zurecht gelegt für coolere Clips, und dann ist die scheiße mit den Knie wieder passiert.

Was machst du als erstes, wenn du wieder fahren gehen darfst/kannst?
Ich unterscheide da echt, zwischen Radfahren und richtig Radfahren. Wenn ich wieder fahren darf, werde ich, wo es nur geht, Manuals, lockere Grinds an Curbs, Flatrails und leichte Handrails machen. Alles mit der Zeit. Man muss ja auch wieder erstmal rein kommen, und das kann schon was dauern. Wenn ich aber wieder richtig fit bin, werde ich genau dasselbe Rail noch einmal machen, an dem ich mich verletzt habe. Es mag für viele dumm klingen, aber es war einfach nur Pech. Jedes andere Knie hätte sich bei diesem Sturz auch zerschossen. Also ist die Antwort auf die Frage: NUR HARTE TRICKS IN BONNTANAMO! Ich will wieder auf Rails meinen Spaß haben und natürlich auch alle anderen Tricks wieder machen. Ich habe noch so viele Ideen und coole Spots im Fokus, die gekillt werden müssen.

Möchtest du noch etwas loswerden?
Ja erstmal liebe Kinder, bitte tragt immer Protektoren und seit nicht so doof wie wir. Alkohol ist auch schlecht. Laut Musik hören so oder so. Und xmx, es war wirklich nicht deine Anwesenheit, haha. An die, die meinen, ich sei selber Schuld mit dem Knie kann ich nur eins sagen: Stimmt. Aber lieber fahre ich was weniger auf meine 100 %, als ein ganzes Leben mit Sparflamme und lass meine Eier zu Hause. Auf diesen Wege entschuldige ich mich auch noch mal bei meinen Sponsoren, dass ich wieder ‘ne Zeit nicht zur Verfügung stehe. Natürlich tut’s mir auch leid für meinen Arbeitgeber Chewing Gum. Danke an wethepeople, The Hunderts, Chewing Gum, Tattau für das Zusammenhalten, ihr Lieben. Lieben Dank an Harry von wethepeople, der mir sein Knie angeboten hatte. Einen Extradank hier an Björn von Tattau, der mich in der Verletzungsphase immer tätowiert. Und noch ein Extradankeschön an Joe, Horstend und die Jungs, die mich jedes Mal in die Klinik gefahren haben und noch dieses Jahr ein paar Mal fahren müssen. Einen besonderen Dank auch an eine sehr ansehnliche, schlaue, starke Schweizerin, die mich gerade jetzt unglaublich viel unterstützt, obwohl sie selber super viel zu tun hat. Ansonsten habe ich nur noch eins zu sagen: Lasst euch nicht von Verletzungen unterkriegen. Den einen erwischt es, den anderen nicht. Es ist einfach Pech. Wenn du wirklich dieses BMX-Leben lebst und du selber dir vertraust, dann wird alles gut. Ansonsten schmeiß die 6.0 in den Schrank, mach Tailwhips mit ‘nem Kickroller und werde Security auf dem Skateplaza in Köln.

Gute Besserung nach Bonntanamo! Foto: xmx

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