INTERVIEW MIT MICHAEL HANFLER

Moin, Michael! Was geht ab? Was hast du in letzter Zeit so getrieben?
Hi! Seit das Wetter besser ist, werden endlich wieder Sprünge gebaut. Über den Winter habe ich einen Nebenjob im Café angefangen und mit Paul [Thölen] hier und da mal auf einer Karnevalssitzung gekellnert. Manchmal gehen wir sogar klettern. Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals Sachen fernab von BMX mache. Ist das nun gut oder schlecht?

Du bist im vergangenen Jahr nach Köln gezogen. Bist du mit dieser Entscheidung immer noch zufrieden?
Mega. Hier ist immer was los, mit und auch ohne Rad. Ein paar der BMXer kannte ich ja schon im Vorfeld, aber generell ging das hier super schnell, Anschluss zu finden. Gut gefällt mir auch, dass hier fast jede Woche jemand von außerhalb zu Besuch ist.

Wie bereits erwähnt, bist du für den neuen Trailsspot der AbenteuerHalleKalk zuständig. Wie läuft das? Erzähl doch bitte mal ein paar Takte dazu.
Ich bin mit einer halben Stelle dort angestellt und für Auf-, Umbau und die betreute Nutzung der Trails verantwortlich. Selbst als BMXer ist es ja oft recht schwierig, Kontakt zur Trailsszene zu bekommen, erst recht wenn man noch ganz neu dabei ist. Mit Feriencamps für Anfänger*innen und viel und vor allem entspannter advice beim Fahren und Buddeln wollen wir diesen Zugang für alle leichter machen. Ansonsten wird uns da komplett freie Hand gelassen, das zu tun, was wir eh lieben: große Sprünge bauen, Jams veranstalten etc. Wirklich bester Arbeitgeber!

Hört sich gut an. Aber lass uns zu deinem neuen Rad kommen. Du hast innerhalb von SIBMX zu Tempered Bikes gewechselt. Wie kam es dazu?
Tempered war schon länger angedacht, wegen den Corona-Nachwirkungen sind die Parts allerdings erst jetzt nach Deutschland rüber gekommen. Bisher hatte ich bei SI ja gar keine Rahmenfirma, die ich offiziell representet habe. Daher bin ich jetzt umso glücklicher, dass das mit Tempered so gut passt. Als ich in Australien war, haben die Jungs einen Jam mit selbstgebauten Rampen in einem Ditch veranstaltet, wo nachher alles gebrannt hat. Liveband gabs auch. Mehr BMX geht nicht.

Was macht für dich persönlich ein gutes BMX-Rad aus?
Der Karren muss auf jeden Fall stabil in der Luft liegen, damit man bei mehr Airtime nicht ausloopt oder nach vorne kippt. Lange Maße, flacher Steuerwinkel und tiefes Tretlager im Rahmen helfen da auf jeden Fall. Dann ist mir noch super wichtig, dass die Teile stabil sind und ich mich drauf verlassen kann, dass nichts bricht.

Inwiefern liefert dein neuer Hobel in dieser Beziehung ab?
Schon ziemlich doll, ist ’n Schiff!

Dafür, dass dein Rad so lang ist, ist der Lenker aber recht niedrig, oder?
Wahrscheinlich schon, ich finde mit niedrigem Lenker kann man bei Airs und Sprüngen besser ziehen. Wenn der so hoch ist, ist der ja bereits oben, wohin soll man den dann noch ziehen?

Das denke ich auch oft, ergibt Sinn für mich. Ist deshalb auch dein Vorbau fast komplett geslammed? Oder ist das ein Styleding? Wie wichtig ist dir der Look deiner Räder?
Das ist tatsächlich nur, weil ich den Lenker so tief wie möglich haben wollte. Einen kleineren Lenker gab’s nicht, so passt das aber perfekt. Der Look vom Rad ist mir schon wichtig, so richtige Ranz-Karren können aber auch ziemlich nice sein.

Du bist dir beim Gewicht deines Rades nicht so ganz sicher, oder? Ist dir im Großen und Ganzen egal, wie viel dein Hobel wiegt?
Zu leicht soll das Rad nicht sein, dann fährt sich das so zappelig und man liegt unruhig in der Luft.

Gibt es an deinem Rad ein Teil, für das du ohne mit der Wimper zu zucken, Geld auf Tresen knallen würdest, wenn du es nicht schon geschenkt bekommen hättest?
Den Sattel finde ich schon heiß, gerade weil der railed und mit Cord überzogen ist. Dann noch der Vorbau, perfekte Maße und der sieht einfach nur schlicht und gut aus. Hat der Corey einen guten Job gemacht.

Warum hast du dir für den Winter die Bremse abgebaut und wann kommt sie wieder dran?
Ich benutze die ja nicht wirklich für Tricks, sondern brauche sie nur zum Anhalten auf Trails. Wenn ich aber im Winter Skateparks fahre, stört die eigentlich nur, und das Brakeless fahren bin ich eh noch von früher gewohnt. Sobald hier im Frühling die ersten Lines laufen, ist das Ding natürlich wieder dran. Yiiiiih!

Wieso fährst du einen railed seat?
Finde, das sieht nice und etwas oldschoolig aus. Zum Einstellen finde ich’s aber tatsächlich nervig und ich verstehe gut, dass die Pivotaltechnik erfunden wurde.

175-mm-Kurbeln für mehr Schub? Warum dann nicht auch gleich noch ein größeres Kettenblatt?
Ich finde, mit zu großen Kettenblättern kommt man nicht wirklich von der Stelle, wenn man aus dem Stand anfährt. Daher reicht mir 28/9.

Warum fährst du vorne und hinten unterschiedliche Reifengrößen?
Ich würde gern hinten auch einen fetten fahren, der passt dann aber nicht mehr in die Bremse.

Und warum fährst du im Park und im Bowl mit mehr Reifendruck als auf Trails?
Im Park/Bowl will ich so viel Pop weg vom Coping wie möglich, außerdem gehen hang-ups, in denen ich ja Spezialist bin, nicht direkt auf die Felge. Vorne fahre ich etwas weniger Druck, damit meine Handgelenke nicht ganz kaputt gehen. Auf Trails finde ich es hingegen ganz angenehm, ein wenig Federung durch geringeren Reifendruck zu haben. Die Sprünge in Kalk sind sowieso so konzipiert, dass man eher etwas zu viel Schwung hat, stört also nicht, wenn das Rad minimal langsamer rollt.

Ist ein geringer Reifendruck nicht schlecht für 3er über road gaps?
Ich nehme an, du spielst auf den 3er in Pauls Video an. Da ist mir beim ersten Versuch ein 450 rausgerutscht und der vordere Reifen ist geplatzt. War aber der zweite Sprung, das road gap ist hoffentlich dieses Jahr dran!

Bei den Laufrädern hast du dir ja richtige edle Teile rausgelassen, oder? Ich hoffe, du pflegst die jetzt nach jeder Trailssession auch!
Ui, das wird schwierig. Radpflege ist leider nicht mein Talent!

„Radpflege ist leider nicht mein Talent!“

Was geht mit Pegs? Sind die auch nicht so dein Ding, oder warum fährst du keine?
Bis ich 16 war, bin ich tatsächlich welche gefahren, da war ich durch Mangel an Skateparks aber auch noch zum Street-Fahren gezwungen. Für die Sachen, die ich jetzt so gerne auf dem Rad mache, brauche ich aber natürlich keine.

Wieso hast du das top cap falsch herum draufgemacht?
Reines Versehen.

Lass uns langsam zum Ende kommen. Was steht in nächster Zeit bei dir so an?
Bald sollte ich mal anfangen, mich für den Einstellungstest für ein Sport-Studium vorzubereiten. Ansonsten wird 2023 der Wahnsinn. Wir haben eine neue große Line im Bau, außerdem hat die kleine doppelt so viele Sprünge bekommen und wurde etwas ausgefeilt. Das Ganze wird dann mit Saisoneröffnungsjam am 06. Mai inklusive Live-Band an den Trails gefeiert. Im Herbst gibt’s noch einen zweiten Jam. Über den Sommer möchte ich wieder ein paar Wochen in Belgien und England verbringen und dann gibt’s ja auch noch den Sport-Import-Teamtrip.

Hört sich gut an! Möchtest du zum Schluss noch etwas loswerden?
Danke an alle, die mir bei meinem Neustart in Köln so geholfen haben. Makl mit der Vermittlung des Jobs, Angelo mit der Übergabe der Wohnung. Paul für’s Homie sein, Reh unsicher machen und natürlich jegliche Buddelarbeiten. An meine Familie, die mich immer unterstützt, on and off the bike. Danke an alle im Team der AbenteuerHallenKalk, hier wird wirklich gute Jugendarbeit möglich gemacht und sich nicht wie sonst so oft an deutscher Bürokratie aufgehalten. An Bodo von Sport  Import für die Teile, Trips und das Zusammenführen eines so tollen Teams. S/o an Markus dafür, dass du die Freedom machst, und Danke für das Interview!

Michael Hanfler ist 26 Jahre alt, wohnt in Köln und fährt über SIBMX für Tempered Goods und Odyssey BMX.

Fotos: Angelo Kurtz